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Prototyp der Todeslager In Dachau erfanden die Nationalsozialisten ihre abscheulichsten Schikanen

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Ab März 1933 quälen die Nationalsozialisten in Dachau ihre Opfer mit Prügel, Demütigungen und Sklavenarbeit. Die SS organisiert den Terror mit größter Effizienz und schafft damit die Blaupause für das spätere KZ-System
Konzentrationslager Dachau, Häftlinge und SS-Wachtmänner, progagandistischer Bildbericht
Angetreten: Anfangs wurden in Dachau vor allem Kommunisten und Sozialdemokraten eingesperrt, später dann auch Angehörige anderer verfolgter Gruppen
© akg-images

Siehst du", sagt der Wachmann in den schwarzen Schaftstiefeln, "so wird's gemacht, wenn sich einer aufhängen will." Er nimmt die Wolldecke von der Holzpritsche und reißt einen Streifen von der Längsseite ab, vielleicht zehn Zentimeter breit. Die Querseite der Decke sei zu kurz, erläutert er dem Häftling, der wie befohlen stramm steht neben ihm in der engen Zelle. Das Gitterfenster ist mit Holzlatten vernagelt, es stinkt nach Fäkalien, Abwasserrohre liegen offen, zuvor hat der Raum als Abort gedient.

Der SS-Mann knüpft einen Knoten an das eine Ende des Stoffstreifens und zieht eine Schlaufe: "Du brauchst jetzt bloß mehr den Kopf hineinzustecken. In zwei Minuten ist alles erledigt."

Es ist der Nachmittag des 8. Mai 1933, ein Vierteljahr nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten in Berlin und ein paar Wochen seit der Einrichtung des Konzentrationslagers Dachau bei München. Seit Tagen ist Hans Beimler dort eingesperrt. Der hagere 37-Jährige wird im "Bunker" festgehalten. So nennen die SS-Wachmannschaften des Lagers ein altes Toilettengebäude, in dem nun fünf Arrestzellen eingerichtet sind.

Erschienen in GEO Epoche Nr. 57 (2012)